Die Studie „Junge Menschen in Deutschland“ (JuMiD) ist Bestandteil des Forschungsprojektes
MOTRA an der Universität Hamburg, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) sowie dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) gefördert wird. Die Studie
untersucht, wie Jugendliche und junge Erwachsene die aktuelle gesellschaftliche und politische
Situation in Deutschland wahrnehmen. Im Mittelpunkt stehen Fragen zu Einschätzungen der
Probleme und Herausforderungen der heutigen Zeit, was junge Menschen darüber denken und
welche Folgerungen sie für sich daraus ableiten. Dazu werden im Abstand von zwei Jahren
wiederholte Online-Befragungen in Deutschland durchgeführt, in denen über 3 000 junge Menschen
im Alter von 16 bis 21 Jahren zu Wort kommen.
Dieser kurze Bericht stellt einige ausgewählte, zentrale Ergebnisse der JuMiD-Studie 2024 vor und vergleicht diese mit Befunden aus dem Jahr 2022. Diese ausgewählten deskriptiven Befunde lassen einige wichtige Tendenzen erkennen. So zeigt sich in dieser Altersgruppe ein deutlicher Rechtsruck und eine Zunahme der ohnehin schon recht hohen Unzufriedenheit mit der Politik und den Entscheidungsträgern im Vergleich zum Jahr 2022.
So hat sich die Rate potentieller AfD-Wählerinnen in dieser Altersgruppe zwischen 2022 und 2024 von 2.3% auf 9.9% erhöht, d.h. mehr als vervierfacht. Damit im Einklang stehend ordnen sich 17.2% der Befragten im Jahr 2024 selbst dem eher rechten politischen Spektrum zu. Im Jahr 2022 lag der Anteil derer, die sich in dieser Weise einem rechten Spektrum zuordnen, demgegenüber nur bei 9.6%. Gleichzeitig wuchs der Anteil derer, die erklären, nicht wählen zu wollen (Nichtwählerinnen>) innerhalb dieser zwei Jahre von 13.5% auf 20.7%.
Die Bewertung der staatlichen Institutionen zeigt im Ergebnis zwei Gesichter. Auf der einen Seite bewerten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die politischen Parteien und die Regierung immer schlechter. Im Jahr 2024 sahen nur noch 19% der Befragten die politischen Parteien positiv, was einem Rückgang von 3.2 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022 entspricht. Bei der Regierung liegt dieser Anteil 2024 bei 27.4%, wobei hier der Rückgang mit 9 Prozentpunkten noch deutlicher ausfällt. Weiter auffällig ist, dass die weit überwiegende Mehrheit der Befragten der Meinung ist, dass sich die relevanten Entscheidungsträger nicht für die Probleme junger Menschen interessieren (69%) oder nicht in der Lage sind, diese zu lösen (75.9%).
Auf der anderen Seite bewertet die Mehrheit der Befragten die Polizei positiv (73.3%) und zwar auch positiver als noch 2022 (Zunahme um 3.6 Prozentpunkte). Die Bewertung der Kommunalpolitiker*innen fällt im Vergleich zu Parteien und Regierung deutlich besser aus, wenn auch mit 41.1% nicht mehrheitlich positiv.
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland machen sich ferner im Jahr 2024 große Sorgen mit Blick auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Bedrohungen wie den Klimawandel (76.1%), die Zuwanderung von Flüchtlingen (52.9%), Wirtschaftskrisen (81.5%) und Krieg (72.6%). Auffällig ist, dass die Sorge um den Klimawandel seit 2022 etwas an Relevanz verloren hat (Rückgang um 7.2 Prozentpunkte), während Sorgen rund um das Thema Migration und Zuwanderung von Flüchtlingen enorm zugenommen haben (um 21.5 Prozentpunkte). Auch der Gaza-Krieg und dessen mögliche Folgen werden von den meisten mit großer Sorge betrachtet. Insbesondere eine Ausweitung des Krieges wird von vielen befürchtet, was sich nach dem Abschluss der Befragung in Bezug auf die Ausdehnung auf den Libanon und die Konflikte mit dem Iran als eine realistische Annahme bestätigt hat. Die Besorgnis über den Krieg in der Ukraine nimmt dagegen etwas ab.
Die Befragten scheinen den Druck dieser Probleme auch ganz persönlich als bedeutsame Entwicklungen zu spüren, denn die überwiegende Mehrheit stimmt den Aussagen zu, dass dringend etwas gegen die aktuellen Probleme in Deutschland getan werden muss. Illegale Protestformen werden aber gleichwohl von der überwiegenden Mehrheit abgelehnt.
Die Ergebnisse zeigen, dass erkennbare Veränderungen auf dem Wege sind, die auch in politischer Hinsicht hoch relevant sind. Insofern erscheint es aus unserer Sicht sinnvoll, die JuMiD-Studie in den nächsten Jahren weiter fortzusetzen. Die Meinungen und subjektiven Erlebnisse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kontinuierlich über ein solches Monitoring im Blick zu behalten ist essentiell, um Potentiale künftiger politischer Entwicklungen bereits in der Phase ihrer Entstehung analysieren und gezielt darauf reagieren und eingehen zu können.
Informationen zu diesem Projekt sind unter https://www.jumid.uni-hamburg.de/startseite-jumid.html online zugänglich