Auswirkungen verschwörungstheoretisch konnotierter Formen der Delegitimation von Politik, Wissenschaft und Medien im Kontext der COVID-19 Pandemie auf demokratieablehnende Einstellungen sowie Intoleranz und Vorurteile. MOTRA Forschungsbericht No. 3 aus dem Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft.

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Im Zuge der COVID-19 Pandemie ist es seit 2020 zu einer recht dynamischen Entwicklung von Protesten gegen staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der CoronaPandemie und ihrer Folgen gekommen (vgl. z.B. Schließler, Hellweg & Decker, 2020; Grande et al. 2021, Amlinger & Nachtwey, 2021; Weiß, 2021). 

Seit einiger Zeit wird diesbezüglich auch in der Wissenschaft beobachtet, dass die so zum Ausdruck gebrachten Unzufriedenheiten und Enttäuschungen im Hinblick auf staatliche Maßnahmen und politische Entscheidungsprozesse im Umgang mit der COVID19-Pandemie, vor allem auch in Bezug auf die damit assoziierten temporären Eingriffe in individuelle Freiheitsrechte, mit einem Anwachsen einer generellen Skepsis gegenüber der Demokratie (vgl. Busemeyer, 2021) und einem Verlust des Vertrauens in und der Akzeptanz von zentralen Institutionen einer demokratischen modernen Gesellschaft verbunden sind (vgl. Siebert, 2021; Forum Antworten, 2021, Lamberty & Rees, 2021). Problematisiert wird weiter auch eine damit einhergehende Intoleranz gegenüber Minderheiten, darunter Antisemitismus (Butter, 2021a; Salzborn, 2021), Fremdenfeindlichkeit, die Ablehnung von Zuwanderern, Flüchtlingen und Asylbewerbern sowie eine generelle Intoleranz (Pickel, Pickel & Yendell, 2020). Auch Zusammenhänge mit einer vermehrten Billigung von politisch motivierter Gewalt werden hier gesehen (Lamberty & Rees, 2021, S. 296 ff).

Im Zuge der Coronaproteste zeigte sich eine erhöhte Sichtbarkeit verschwörungstheoretischer Deutungs- und Argumentationsmuster, die u.a. vermeintlich klar auf der Hand liegende, einfache und klare Antworten sowohl mit Blick auf die Ursachen der Pandemie als auch deren „richtige“ Handhabung anbieten und verbreiten (vgl. Forum Aufbruch, 2021; s.a. Nachtwey, O., Schäfer, R. & Frei, N. (2020)). Diese sind ferner von einer Ablehnung bzw. generalisierten Skepsis gegenüber komplexeren Erklärungsansätzen und Risikoabwägungen, der Diskreditierung wissenschaftlicher Expertise sowie deren Aufgreifen durch Politik und Medien gekennzeichnet (Butter 2020, S. 57 ff.).

Hier stellt sich die Frage, inwieweit solche Formen der verschwörungstheoretisch konnotieren Delegitimation demokratiegefährdende Effekte haben (vgl. Moore, 2019), ob sie mit einer Ablehnung von Liberalität, einer Verringerung der Akzeptanz kultureller Vielfalt und Diversität verbunden sind, ob also tatsächlich im Zuge der Coronaproteste insoweit vermehrte Risiken der Zersetzung einer demokratisch-liberalen Kultur entstanden sind (vgl. Pickel, Pickel & Yendell, 2020).

Im Folgenden werden die Ergebnisse eine Online-Befragung dargestellt, die durchgeführt wurde, um Teile dieser aufgeworfenen Fragen und Annahmen im Rahmen einer querschnittlichen Untersuchung einer ersten empirischen Klärung und Prüfung zuzuführen.1 Ziel dieser Erhebungen ist die empirische Untersuchung der Frage, inwieweit persönliche Erfahrungen mit Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie einerseits und eine pauschale negative Bewertung der staatlichen Coronapolitik andererseits mit verschwörungstheoretisch konnotierten Formen der Delegitimation von Politik, Wissenschaft und Medien in Zusammenhang stehen.

Weiter wird der Frage nachgegangen, ob verschwörungstheoretisch konnotierte Formen der Delegitimation von Politik, Wissenschaft und Medien auch mit dem Risiko eines Anstiegs von Intoleranz, d.h. der vermehrten Ablehnung von Fremdgruppen und Minderheiten, verbunden sind.

Darüber hinaus wird auch analysiert, wie Formen der verschwörungstheoretischen Delegitimation von Politik, Wissenschaft und Medien im politischen Spektrum zu verorten sind und ob sie, neben anderen Einflussfaktoren, die Mobilisierung eines aktiven Protestes gegen die staatliche Coronapolitik maßgeblich mittragen und verstärken.

Insoweit wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit die sozial offenkundig ungleich verteilten Belastungen im Zuge der Coronapandemie (vgl. Zick 2021, S. 20), zu nennen wären diesbezüglich wirtschaftliche und berufliche Belastungen und Einschränkungen zum einen, sowie tatsächliche persönliche Betroffenheit durch persönliche Krankheit oder auch durch Todesfälle und Erkrankungen im unmittelbaren Lebensumfeld von Familie und wichtigen Bezugspersonen zum anderen, hier Wirkungen entfalten.

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Identifier
DOI https://doi.org/10.25592/uhhfdm.10261
Related Identifier https://doi.org/10.25592/uhhfdm.10260
Metadata Access https://www.fdr.uni-hamburg.de/oai2d?verb=GetRecord&metadataPrefix=oai_datacite&identifier=oai:fdr.uni-hamburg.de:10261
Provenance
Creator Wetzels, Peter; Brettfeld, Katrin
Publisher Universität Hamburg
Publication Year 2022
Rights Creative Commons Attribution 4.0 International; Open Access; https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode; info:eu-repo/semantics/openAccess
OpenAccess true
Representation
Language German
Resource Type Report; Text
Discipline Other